das behauptet Jericho zumindest von sich selbst, und ist dafür ja auch sehr bekannt. Oder ist Jericho dafür bekannt, weil es die erste palästinensische Stadt war, die sich selbstverwalten durfte. Oder etwa das Casino, das damals beim Neubau groß gefeiert wurde, da in Israel das Glückspiel verboten ist, und jeder schon in Jericho ein kleines Las Vegas sah.
Naja, ich hatte schon ne Menge von Jericho gehört und machte mich vor einer Woche mit meinem finnischen Freund auf den Weg, um der ganzen Sache auf den Grund zu gehen.
Die Reise gestaltete sich als etwas komplizierter, so ging es zunächst nach Jerusalem. Dort liefen wir dann in die Altstadt, wo in der Nähe des Damaskustores sich der "palästinensische" Busbahnhof befindet, doch nur für die Nahe Umgebung von Jerusalem.
So musste wir mit einem kleinen Bus zunächst nach Abu Dis, einem Vorort von Jerusalem,

der direkt hinter der Mauer liegt. Da dort kein Checkpoint ist, mussten wir einen größeren Umweg fahren. Dort stiegen wir in ein Sherut (=Sammeltaxi) um, das uns ins 30 km entfernte Jericho bringen sollte. Es war ganz neu und sehr konfortabel und mit 10 Nis (ca.2€) sehr billig.
Mussten aber warten bis es voll war, ob es "ökonomisch" sinnvoll ist, darüber lässt sich streiten, denn so konnten wir auf den Weg keinen mehr zu laden, und der Fahrer gab richtig Gas, um zumindest ein bisschen Zeit wieder reinzuholen. Bevor wir aber Abu Dis verließen, durften wir noch sehen wie kleine Schulkinder auf die Autos mit israelischen Kennzeichen Steine warfen (zwar nur kleine)...wir hatten ein grünes, also ein palästinensisches, waren also nicht betroffen :-)
Die Strecke von Jerusalem ans Tote Meer ist übrigens bestens ausgebaut, und sie sind gerade dabei sie komplett zweispurig auszubauen. Natürlich liegt es daran, das mehrere Siedlungen auf dem Weg liegen, und es ausserdem die kürzeste Strecke zum Toten Meer und zur jordanischen Grenze ist.
Nach dem Abzweig nach Jericho fällt die Qualität der Straße merklich ab. Vor Jericho kommt noch mal ein israelischer Checkpoint, unsere Mitinsassen schnalten sich alle noch schnell an. Aber wir konnten problemlos passieren (Schritttempo wohlgemerkt), als nächstes kam ein palästinensischer Checkpoint, der wird aber allgemein ignoriert und mit Vollgas passiert.
Sahen dann noch den Konvoi von Condolezza Rice, der am Straßenrand stand und waren dann auch schon in Jericho. Nach 3,5 Stunden von Tel Aviv und vielleicht 100 km Strecke, wobei natürlich das meiste Wartezeit war.
Jericho war dann, man muss es so ausdrücken, eine Enttäuschung. Es ist voll klein, und viel los scheint auch nicht zu sein. Auf den Weg hatten wir noch einen Holländer getroffen mit dem wir dann in Jericho loszogen.
1.Ziel die "Altstadt" bzw. die Ruinen der ein paar tausend Jahren alten Altstadt: seit 3 Monaten geschlossen, wegen Streik. Wahrscheinlich (99,9%) haben sie Monate kein Geld gesehen von der Regierung, der ja seit der Beteiligung der Hamas, der europäische und amerikanische Geldhahn zugedreht wurde.
2. Ziel, Mount of Temptation, dorthin fährt auch eine Seilbahn (die längste Seilbahn der Welt (1,3km)unterhalb des Meeresspiegels). Dort befindet sich ein griechisch-orthodoxes Kloster mitten in den Felsen überhalb der Stadt.
Der Weg dorthin, ja wir sind zu Fuss gelaufen, denn die Seilbahn nahm immer noch die "alten" Preise, und das sahen wir dann doch nicht ein...war anfänglich von vielen Restaurants gepflastert, die zum großen Teil aber auch nicht mehr existieren...denn Touristen gibt es da wahrscheinlich seit 2000 kaum noch. Die Jahre vorher muss hier regelrechte Goldgräberstimmung geherrscht haben, wie der Bau der Seilbahn und des Touristenzentrum zeigen(fast fertig gebaut und fast komplett leer).
Von dem Kloster hatte man ne riesige Aussicht über Jericho und in die Berge nach Jordanien. Zunächst standen wir beim Kloster vor verschlossenen Türen, doch Dank eines hilfsbereiten Verkäufer, konnten wir das Kloster doch noch besichtigen. Kauften natürlich dann auch noch brav was...
Wieder zurück in der City, aßen wir noch was leckeres, und genossen vom ersten Stock aus, das Treiben auf dem zentralen Platz zu beobachten. Es ist schon eine ganz andere Welt, und die letzten 6 Jahre haben ihre Spuren hinterlassen, dennoch gibt es einige dicke deutschen Autos. Vielleicht ist das einer der Gründe gewesen für den letzten Wahlsieg der Hamas?
Der Rückweg versprach spannender zu werden, denn jetzt standen uns Kontrollen bevor.
Zunächst einmal hatten wir das Glück, die letzten 3 zu sein, die das Sherut füllten. Unseren Mitfahrern war die Freunde förmlich aus dem Gesicht abzulesen.
1. Checkpoint: palästinensischer: Gas und vorbei
2. Checkpoint: nur ein paar hundert Meter weiter: israelischer...und dabei verlassen wir die Westbank ja gar nicht...alle schnallten sich wieder an und es wurde voll ruhig im Auto, die Anspannung war förmlich zu spüren...standen dann zunächst erst mal in der Schlange, denn es war für jede Richtung nur ein Soldat zuständig und es war Rush-Hour in beide Richtungen.
Als wir endlich dran waren, wurden alle Pässe rausgegeben, der Soldat nicht gerade beneidenswert stand in so einem einem kleinen Betonviereck. Unsere Pässe(10 Stück) hatte er zur Seite gelegt und guckte sich jeden einzeln an...und immer wenn er sich einen neuen nahm, musste er eine 90 Grad Drehung machen, sein Gewehr blieb dabei immer irgendwo hängen...unsere Pässe dauerten überraschenderweise am längsten...was wohl daran lag das er jede Seite einzeln prüfte...und das sind ja bei 3 Reisepässen einige.
Kontrolle mag ja "berechtigt" sein, aber wenn man schon kontrolliert, sollte man auch dafür sorgen, das es zügig geht, also mehrere "Bedienstationen" einrichtet...denn das Warten ist Schikane, vorallem wenn man da tagtäglich durch muss. Ausserdem führt sich dann auch die Kontrolle ad absurdum...der gegenüberliegende Posten war auf einmal mit Autos und Fußgänger konfrontiert...und die israelische Armee hat genug Leute und schnelle Kontrollen würden sicherlich auch präventiv gegen unnötige Konfrontationen wirken.
Hat halt alles ein bisschen länger gedauert, aber beanstandet wurde nichts...(wie muss es erst sein, wenn irgendwelche Sicherheitswarnungen vorliegen)...konnten also mit Vollgas nach Abu Dis düsen, wo wir in den Autobus umstiegen.
Der 3. Checkpoint war zumindest für uns unstressig und die Araber mit israelischen Pass, einer guckte kurz in den Bus, alle hielten ihr Pässe hoch (sah schon lustig aus) und wir konnten passieren. Nur 2 Leute hatten anscheint einen palästinensischen Pass, die stiegen dort aus, der Bus fuhr weiter. Das scheint das normale Prozedere zu sein, da sich beide schon vor Erreichen der Kontrolle zur Tür begeben hatten. Sie werden wohl mit dem nächsten Bus weitergefahren sein.
Jericho ist wohl eher ein Dorf, war ganz nett...doch die wirkliche Erfahrung war wohl die An-und Abreise. Der Holländer, der seit einer Woche in der Jerusalemer Umgebung unterwegs ist, empfahl uns noch nach Ramallah zu fahren, denn da sei wirklich was los. Denn Ramallah, glaubt es oder nicht, ist die "offenste Stadt" in der Westbank. Außerdem ist es eigentlich eine Stadt der Reichen und ganz früher sind viele Jerusalemer dort abends weggegangen, da Ramallah ein richtig gutes Nachtleben hatte und vielleicht noch hat.
Im Moment ist es relativ einfach in die Westbank zu fahren und die Palästinenser freuen sich bestimmt, denn Geld können sie sicherlich gebrauchen...aber in Jericho haben wir sonst keine Touristen gesehen.
Vielleicht haben sie ja gemerkt, dass es ihnen mit der Hamas in der Regierung noch schlechter geht, und versuchen es noch mal mit der Fatah, die ja immerhin Israel anerkennt. Denn man darf nicht vergessen, Israel hatte sich gerade komplett aus dem Gazastreifen zurückgezogen ohne irgendwelche Vorbedingungen, ein klares Zeichen. Doch dann kam die Hamas an die Macht...vielleicht bringen ja die Neuwahlen gemäßigtere und ausgebildete Kräfte in die Regierung...denn die gibt es, einer sitzt mit mir in einigen Vorlesungen.
Denn die Palästinenser würden von einem Frieden am meisten profitieren, denn nur dann würden die Touristen auch wieder bereit sein, Reisen in die Westbank zu unternehmen und Israel würde vielleicht wieder großzügiger mit Arbeitserlaubnissen sein. Denn früher waren fast alle Bauarbeiter Palästineser, sie haben auch so gut wie alle Siedlungen gebaut.
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Und die gute Nachricht des Tages: Beni Sela, der entflohene Vergewaltiger wurde im Norden Israels gefasst. Abgesehen davon ist die Straßenkriminalität in Israel im Vergleich zu Europa sehr viel geringer...was sicherlich auch an den vielen Sicherheitskräften liegt, die eigentlich als Prävention gegen Anschläge da sind, aber als positiven Nebeneffekt die Kriminalität einschränken.